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- Die Kategorien des Schirk (Polytheismus)
Die Kategorien des Schirk (Polytheismus)
Auszug aus dem Buch „Fundamentals of Tauhid“ Kapitel 2
Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen
Vorwort des Übersetzers
Im Namen Allahs, des Barmherzigen, des Erbarmers. Alles Lob gebührt Allah, dem Herrn der Welten. Frieden und Segen seien auf dem Gesandten Allahs, seiner Familie, seinen Gefährten und denjenigen, die bis zum jüngsten Tag ihrem Weg folgen. Letztendlich hat man sich doch noch dazu entschlossen, das Buch von Dr. Bilal Philips gänzlich zu übersetzen. Daher liegt nun die Übersetzung des zweiten Kapitels vor. Unsere Absicht ist es, in erster Linie der Gemeinschaft der Muslime zu dienen und keinen Profit zu machen. Trotzdem würden wir es begrüßen, wenn das fertige Produkt am Ende Eurerseits gekauft wird, so dass wir mit neuen finanziellen Mitteln tatkräftig unsere Mühen in qualifiziertere Arbeiten stecken können. Möge Allah, der Erhabene, unsere Arbeit akzeptieren und über unsere Fehler hinwegsehen. Alles Lob gebührt Ihm.
Die Kategorien des Schirk
Das Studium des Tauhid kann nicht als vollständig angesehen werden, solange man keine sorgfältige Analyse seines Gegenteils, nämlich Schirk, durchführt. Einige Anmerkungen bezüglich Schirk wurden schon im vorhergehenden Kapitel gemacht. Ebenfalls wurden Beispiele gegeben, um zu illustrieren, auf welche Weise man Tauhid zerstören würde. Jedoch wird in diesem Kapitel Schirk als ein separates Thema behandelt, dessen immense Bedeutung Allah im Qur'an bestätigt hat:
„Wahrlich, Allah wird es nicht vergeben, daß Ihm Götter zur Seite gestellt werden; doch Er vergibt das, was geringer ist als dies, wem Er will.“ [Sura An-Nisa' :48]
Da Schirk an sich den reinen Zweck der Schöpfung leugnet, ist die Sünde des Schirk bei Gott die schlimmste Sünde, etwas Unverzeihliches.
Schirk bedeutet wortwörtlich „Partnerschaft“, „Teilhaben“ oder „Beigesellen“[1]. Islamisch gesehen bedeutet es das Beigesellen von Partnern zu Allah, unabhängig davon, welche Formen es annimmt. Die folgende Analyse des Schirk basiert auf den umfassenden Kategorien des Tauhid, welche zuvor detailliert dargelegt wurden. Daher werden wir vorab im Bereich der Rububiyah (Herrschaft Allahs) die Hauptwege näher betrachten, in welchen Schirk auftreten kann, danach in Asma was-Sifat (Göttliche Namen und Eigenschaften) und schließlich in Ibadah (Gottesdienst).
Schirk in Rububiyah
Diese Kategorie des Schirk bezieht sich entweder auf den Glauben, dass andere mit Allah genauso oder fast genauso die Herrschaft über die Schöpfung teilen, oder auf den Glauben, dass generell kein Herrscher über die Schöpfung existiert. Die meisten religiösen Systeme fallen unter den ersten Aspekt des Schirk in Rububiyah, während die Philosophen und ihre menschengemachten Philosophien dazu neigen, den zweiten Aspekt auszumachen.
Schirk durch Beigesellung
Glaubensvorstellungen, die unter diese Unterkategorie fallen, sind jene, welche einen zentralen Gott oder ein höchstes Wesen anerkennen. Jedoch wird Seine Herrschaft mit anderen kleineren Göttern, Geistern, Sterblichen, Himmelskörpern oder irdischen Objekten geteilt. Solche Glaubenssysteme werden üblicherweise von Philosophen und Theologen entweder als monotheistisch (Eingottglaube) oder polytheistisch (der Glaube an mehr als einen Gott) angesehen. Bezüglich des Islam sind alle diese Systeme polytheistisch und repräsentieren verschiedene Grade der Degeneration göttlich offenbarter Religionssysteme, welche ursprünglich alle auf Tauhid basierten.
Im Hinduismus wird das höchste Wesen Brahman als innewohnend, all-durchdringend, unveränderlich, ewig und als das abstrakt unpersönlich Absolute verstanden, von welchem alle Dinge ihren Ursprung haben und auch ihr Ende finden werden. Diesbezüglich ist der Gott Brahma der personifizierte Schöpfer des Universums, welcher eine Dreieinigkeit mit dem Schutzgott Vischnu und dem Zerstörergott Schiva bildet.[2] Daher drückt sich im Hinduismus Schirk in Rububiyah durch die Übertragung der schöpferischen, destruktiven und beschützenden Kräfte Gottes auf andere Götter aus.
Die christliche Lehre besagt, dass sich der eine Gott in drei Personen zeigt, und zwar dem Vater, dem Sohn (Jesus Christus) und dem Heiligen Geist. Diese drei Personen werden trotzdem als eine Einheit gesehen. Sie alle sind Teil eines „Wesens“[3]. Der Prophet Jesus wurde zur Gottheit erhoben. Er sitzt zur rechten Hand Gottes und richtet über die Welt. Der Heilige Geist, welcher in der hebräischen Bibel als Mittel Gottes beim Ausüben seiner schöpferischen Kraft eingesetzt wird, ist in der christlichen Vorstellung dagegen ein Teil des Hauptgottes. Paulus formte aus dem Heiligen Geist das „andere Ich“ des Christus, eine Leitung und Hilfe für die Christen, der sich zum ersten Mal zum Pfingstfest offenbarte.[4]
Folglich besteht Schirk in Rububiyah im christlichen Glauben insoweit, dass Jesus und der Heilige Geist als Partner Gottes in all Seiner Herrschaft gesehen werden. Auch der Glaube über das alleinige Richten auf dieser Welt seitens Jesu und das Helfen und Leiten der Christen durch den Heiligen Geist, ist als Schirk in dieser Kategorie zu werten.
Die Zoroaster[5] sehen in Ahura Mazda ihren Gott. Er sei der Schöpfer von allem, was gut ist, und er allein ist letztendlich eine Anbetung wert. Das Feuer ist eines der sieben Schöpfungen des Ahura Mazda, und es wird als sein Sohn oder Vertreter betrachtet. Sie begehen aber auch Schirk in Rububiyah, indem sie das Böse, die Gewalt und den Tod als Schöpfung eines anderen Gottes namens Angra Mainyu begreifen. Diesen stellen sie mit dem Symbol der Dunkelheit dar.[6] Deshalb wird die Souveränität Gottes über die ganze Schöpfung (d.h. Seine Rububiyah) laut dieser Menschen gemeinsam mit einem bösen Geist getragen, welcher auf die Stufe eines gegnerischen Gottes aus dem Grunde erhoben wurde, weil der Mensch von sich aus Gott mit sogenannten „bösen“ Eigenschaften nicht vorstellen konnte.
In der Yoruba Religion mit einer Anhängerzahl von über zehn Millionen Menschen in Westafrika (hauptsächlich Nigeria) gibt es einen höchsten Gott namens Olorius (Herr der Himmel) oder Olodumare. Trotzdem wird die moderne Yoruba Religion als eine Vielzahl von Orischa Gottesdiensten charakterisiert, so dass die Yoruba Religion eindeutig Polytheismus darstellt.[7] Konsequenterweise begehen die Yoruba Anhänger Schirk in Rububiyah durch die Übergabe aller göttlichen Funktionen an kleinere Götter und Geister.
Die Zulus aus Südafrika glauben an einen Gott mit dem Namen Unkulunkulu, was der Alte, der Erste und am meisten Verehrte bedeutet. Die geläufigsten Titel für Gott sind: Nkosi yaphezulu (Herr der Himmel) und uMvelingqanqi (der Erste zu erscheinende). Ihr höchstes Wesen wird als männlich angenommen, welches zusammen mit der weiblichen Erde die Menschheit hervorbrachte. Donner und Blitz sind in der Zulu Religion Handlungen Gottes, wohingegen Krankheit und andere Sorgen im Leben von den Vorfahren, den Idlozi oder abaphansi (jene unter der Erde) verursacht werden. Die Vorfahren beschützen auch die Lebenden, bitten um Nahrungsmittel, mögen Rituale und Opfer, bestrafen Nachlässigkeit und besetzen die Körper der Hellseher (inyanga).[8] Deswegen ist in der Zulu Religion Schirk in Rububiyah nicht nur in dem Konzept über die Schöpfung der Menschheit vorzufinden, sondern auch in ihrer Zuschreibung des Guten und Bösen im menschlichen Leben an die Geister der Ahnen, welche angeblich diese verursachen.
Unter manchen Muslimen zeigt sich Schirk in Rububiyah in ihrem Glauben, dass die Geister von Heiligen und anderen rechtschaffenen Menschen die Angelegenheiten dieser Welt beeinflussen können, sogar nach ihrem Tod. Sie glauben, dass ihre Geister unsere Bedürfnisse erfüllen, Schaden abwenden und Hilfe gewähren können, wenn man sie herbeiruft. Daher weisen diese Grabesanbeter menschlichen Geistern die göttliche Fähigkeit, Ereignisse in diesem Leben verursachen zu können, zu, obwohl in Wirklichkeit nur Allah sie verursachen kann. Allgemein ist auch unter den Sufis (muslimische Mystiker) der Glaube an den Ridschal al- Ghayb[9] verbreitet. Er ist das Oberhaupt, welcher die Position Qutub innehat, von wo aus die Angelegenheiten dieser Welt gelenkt werden.[10]
Schirk durch Leugnung
Diese Unterkategorie beschreibt die verschiedenen Philosophien und Ideologien, welche die Existenz Gottes entweder explizit oder implizit verneinen. In manchen Fällen drückt man sozusagen Gottes Nicht-Existenz (Atheismus) aus, während man in anderen Fällen seine Existenz zwar bestätigt, aber Gott derart begreift, dass in Wirklichkeit seine Existenz doch noch geleugnet wird (Pantheismus).
Es sind nur wenige alte Religionen vorzufinden, in denen Gott nicht existiert. Die bekannteste dieser religiösen Systeme wird Gautama Buddha zugeschrieben. Der Buddhismus, als reformistische Bewegung im Hinduismus gegen das Kastensystem entstanden, wurde im 6. Jahrhundert v.Chr. zur gleichen Zeit wie der Jainismus gegründet. Während des 3. Jahrhunderts v.Chr. wurde der Buddhismus zur Staatsreligion. Letztendlich wurde der Buddhismus dem Hinduismus angepasst, und Buddha selbst wurde zu den Avatars (Inkarnationen Gottes) gezählt. Diese Religion verschwand aus Indien, wurde aber dafür in China und den andern Fernostnationen dominant. Der Hinayana Buddhismus (400-250 v.Chr.), die frühere und viel strengere der beiden Interpretationen des Buddhismus, welcher nach dem Tod Gautama Buddhas entstand, besagt eindeutig, dass es keinen Gott gibt. Die Last der Erlösung wird von jedem einzelnen Menschen persönlich übernommen.[11] Infolgedessen kann dieser Zweig des Buddhismus als ein Beispiel des Schirk in Rububiyah charakterisiert werden, in welchem Gottes Existenz explizit verneint wird.
Genauso gibt es auch in den Lehren des Jainismus, welcher von Vardhamana begründet wurde, keinen Gott. Dafür gibt es aber befreite Seelen, die in manchen Dingen Gottesstufe erlangen können, wie Unsterblichkeit und Allwissenheit. Die religiöse Gemeinschaft behandelt diese sogenannten Befreiten so, als ob sie göttlich wären. Dabei werden für sie Tempel gebaut und ihre Abbilder verehrt.
Ein weiteres älteres Beispiel ist die des Pharaos zur Zeit des Propheten Moses. Allah erwähnt im Qur'an, dass dieser Pharao die Existenz Gottes ablehnte. Zugleich wird berichtet, dass er gegenüber Moses und Ägyptens Bevölkerung behauptete, der wahre Herr der ganzen Schöpfung zu sein. Allah zitiert ihn. Pharao sagte zu Moses:
„Wenn du einen anderen Gott als mich annimmst, so werde ich dich ganz gewiss zum Gefängnisinsassen machen.“ [Sura As-Schu'ara:29]
Zu den Leuten sagte er:
„Ich bin euer höchster Herr.“ [Sura An-Naziat:24]
Im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert begründete eine Anzahl von europäischen Philosophen die Nicht-Existenz Gottes. Diese Idee wurde auch als „Gott ist tot“ bekannt. Der deutsche Philosoph Philipp Mainlander (1841-1876) sagt in seiner bekannten Schrift The Philosophy of Redemption (1876), dass die Welt mit dem Tod Gottes beginnt. Dies aus dem Grund, weil Gott ein Symbol der Einheit ist, welches durch die Pluralität auf der Welt zerstört wurde und zugleich ein Symbol der Freude darstellt, welches durch das Gesetz des Leidens verneint wird. Ein Gesetz, das auf der ganzen Welt herrscht.[12] In Preußen unterstützte Friedrich Nietzsche (1844-1900) die Idee über den „Tod Gottes“ dadurch, dass er behauptete, Gott wäre nichts anderes als eine Projektion des schlechten Gewissens. Der Mensch sei eine Brücke zum Supermenschen.[13] Jean Paul Sartre, ein französischer Philosoph des zwanzigsten Jahrhunderst, folgte der Idee über den „Tod Gottes“. Er behauptete, dass Gott deswegen nicht existieren kann, weil er ein Widerspruch an sich wäre. Die Idee von Gott ist seiner Meinung nach eine Projektion, welche der Mensch machen muss, um das zu sein, was er ist.[14]
Darwins (gest. 1882) Äußerung, dass der Mensch vielmehr ein fortgeschrittener Affe war, wurde weitestgehend in die Theorien der Sozialwissenschaftler und Philosophen des neunzehnten Jahrhunderts eingebettet, da diese eine „wissenschaftliche“ Basis für die Nicht-Existenz Gottes abgab. Ihrer Ansicht nach entwickelte sich der Monotheismus vom Animismus, gemeinsam mit der unterstellten sozialen Evolution des Menschen von einem unabhängigen Individuum zu einer Nation und der physischen Evolution vom Affen zum Menschen.
Sie versuchen, vor den Fragen über die Schöpfung zu flüchten, indem sie behaupten, dass das Nichts existiere und dadurch, dass sie die Eigenschaften Allahs, „ohne Anfang und ohne Ende zu sein“ der Materie beimessen, welche Er erschaffen hat. Gegenwärtig sind Anhänger von Karl Marx, Kommunisten und wissenschaftliche Sozialisten dieser Meinung, welche behaupten, dass alles Existierende seinen Ursprung in einer sich bewegenden Materie hat. Ferner behaupten sie, Gott wäre eine Einbildung der menschlichen Phantasie, welche von der herrschenden Klasse ins Leben gerufen wurde, um ihre vererbte Herrschaft zu rechtfertigen und die Aufmerksamkeit der unterdrückten Massen von der Realität, in der sie Leben, abzulenken.
Ein Beispiel für diese Form des Schirk unter den Muslimen ist das von vielen Sufis wie Muhyiddin Ibn `Arabi. Dieser sagte aus, dass nur Allah existiert (Alles ist Allah und Allah ist Alles). Sie verneinen die von seiner Schöpfung getrennte Existenz Allahs und verneinen damit in Wirklichkeit Seine Existenz. Diese Idee wurde zudem auch von dem holländisch-jüdischen Philosophen Baruch Spinoza ausgedrückt, welcher den Anspruch erhob, dass Gott von allen Teilen dieses Universums das Ganze darstellt. Der Mensch mit eingeschlossen.
Schirk in Al-Asma was-Sifat
Schirk in dieser Kategorie schließt zweierlei mit ein: die allgemeine Praxis der Polytheisten, indem sie Allah die Attribute Seiner Schöpfung zuschreiben und auch zugleich das Übertragen der Namen und Eigenschaften Allahs auf Seine eigene Schöpfung.
Schirk durch Vermenschlichung
In diesem Aspekt des Schirk in Al-Asma was-Sifat werden Allah die Formen und Eigenschaften von Menschen und Tieren gegeben. Aufgrund der Überlegenheit des Menschen über die Tiere wird die menschliche Form von den Götzendienern eher bevorzugt, um Gott in der Schöpfung zu repräsentieren. Infolgedessen wird das Abbild des Schöpfers öfters in der Form eines menschlichen Wesens, welches die physischen Merkmale seiner Verehrer aufweist, gemalt, gestaltet und geschnitzt. Beispielsweise beten Hindus und Buddhisten zahllose Götzen an, die eine Ähnlichkeit mit dem asiatischen Mann haben und sehen diesen als Erscheinungen Gottes in der Schöpfung an. Die gegenwärtigen Christen sehen in Jesus eine Inkarnation Gottes; sie glauben daran, dass der Schöpfer zur Schöpfung geworden ist. Dies ist ein weiteres gutes Beispiel für diese Art des Schirk.
Es gab im Laufe der Geschichte sehr viele sogenannte große christliche Künstler wie Michaelangelo (gest. 1565), welcher Bilder von Gott gemalt hat. Bilder, in denen Gott als ein alter, nackter, europäischer Mann mit langen weißen Haaren an der Decke der Sixtinische Kapelle im Vatikan dargestellt wurde. Diese Bilder wurden von der christlichen Welt mit höchster Achtung geschätzt.
Schirk durch Vergötterung
Diese Form des Schirk in al-Asma was-Sifat bezieht sich auf jene Fälle, in denen erschaffenen Wesen oder Dingen die Namen oder Eigenschaften Allahs gegeben werden. Beispielsweise war es die Praxis der alten Araber, Götzen anzubeten, deren Namen sie von den Namen Allahs abgeleitet haben. Ihre drei Hauptgötzen waren: al-Lat, abgeleitet von Ilah (Name Allahs), al-Uzza, abgeleitet von al-`Aziz und al-Manat, abgeleitet von al-Mannan. Zur Zeit des Propheten Muhammad, Friede und Heil auf ihm, gab es auch einen falschen Propheten in einer Region Arabiens namens Yamama, welcher sich den Namen Rahman zu eigen machte. Dieser Name gehört ebenfalls Allah allein.
Unter den schiitischen Sekten sind die Nusayriyah aus Syrien zu finden, welche glauben, dass der Cousin und Schwiegersohn des Propheten Muhammad, Friede und Heil auf ihm, mit dem Namen Ali ibn Abu Talib, Allahs Wohlgefallen auf ihm, eine Erscheinung Allahs war. Daher schrieben sie ihm auch viele Eigenschaften Allahs zu.
Auch sind unter ihnen die Ismai'ils zu finden, auch bekannt unter dem Namen Agha Khanis, welche ihren Führer Agha Khan als Inkarnation Gottes auffassen. Ebenfalls nennenswert innerhalb dieser Kategorie sind die Drusen aus dem Libanon, welche daran glauben, dass der fatimidische Kalif al-Hakim bin Amrillah (gest. 1021 n.Chr.) die letzte Erscheinung Gottes unter den Menschen war.
Behauptungen mancher Sufis (Mystiker) wie al-Halladsch (in etwa 10. Jh.), dass sie eins geworden sind mit Gott und damit zugleich eine Erscheinung des Schöpfers in der Schöpfung abgeben, fallen auch unter diesen Aspekt des Schirk in Al-Asma was-Sifat. Gegenwärtige Spiritualisten und Wahrsager, wie Shirley Maclaine, J.Z. Knight und andere, erheben für sich oft den Anspruch der Gottheit. Albert Einsteins (1879-1955) Theorie der Relativität (E=mc2, Energie und Masse sind äquivalent), welche in allen Schulen gelehrt wird, ist in Wirklichkeit ein Ausdruck des Schirk in al-Asma was-Sifat. Die Theorie besagt, dass Energie weder erschaffen noch zerstört werden kann; vielmehr transformiert sie sich in Materie und umgekehrt. Jedoch sind beide, Materie und Energie, erschaffene Dinge. Auch diese Dinge werden von Allah zerstört werden. Allah sagt:
„Allah ist der Schöpfer aller Dinge, und Er ist der Erhalter aller Dinge.“ [Sura Az-Zumar:62]
„Alles, was auf ihr (Erden) ist, wird vergehen.“ [Sura Ar-Rahman :26]
Diese Theorie impliziert auch, dass Masse und Energie ein ewiges Sein besitzen, ohne Beginn und ohne Ende. Sie werden als unerschaffen angenommen und transformieren sich von einem zum anderen. Jedoch ist diese Eigenschaft nur Allah zuzuschreiben. Nur Er allein ist ohne Anfang und ohne Ende.[15]
Darwins Theorie der Evolution ist auch ein Versuch, die Entwicklung des Lebens und seine Formen aus lebloser Materie ohne den Eingriff Gottes zu erklären. Einer der führenden Darwinisten des vorangegangen Jahrhunderts mit dem Namen Sir Aldous Huxley (1894- 1963), drückt diese Idee wie folgt aus: „Der Darwinismus entfernte die ganze Idee von Gott als dem Schöpfer des Organismus von allen Bereichen der nationalen Diskussion.“[16]
Schirk in Al-Ibadah
In dieser Kategorie des Schirk werden die Gottesdienste an andere außer Gott gerichtet und die Belohnung wird von der Schöpfung erwartet anstatt vom Schöpfer. Ähnlich, wie im Fall der vorhergehenden Kategorien, hat Schirk in al-Ibadah zwei Hauptaspekte.
Asch-Schirk Al-Akbar (Großer Schirk)
Diese Form des Schirk liegt vor, wenn man irgendeine gottesdienstliche Handlung an etwas anderes richtet anstatt an Allah. Sie beschreibt die eindeutigste Form des Götzendienstes, für welche die Propheten speziell von Allah gesandt wurden, um die Menschenmassen davon abzubringen. Dieses Konzept wird von Allah im Qur'an mit folgender Aussage belegt:
„Und in jedem Volk erweckten Wir einen Gesandten (,der da predigte): "Dient Allah und meidet die Taghud (falsche Götter).“ [Sura An-Nahl:36]
Taghud (falsche Götter) bedeutet eigentlich alles, was mit Allah gemeinsam angebetet wird oder anstatt Allah angebetet wird. Beispielsweise ist die Liebe eine Form des Gottesdienstes, welches in seiner Vollkommenheit nur an Allah gerichtet werden sollte. Im Islam wird die Liebe zu Gott mit einer vollkommenen Gehorsamkeit gegenüber Gott ausgedrückt. Es ist nicht die Art der Liebe, welche der Mensch naturgegeben für die Schöpfung empfindet; seien es die Eltern, die Kinder, das Essen, etc. Wenn man diese Form der Liebe an Gott richten würde, so würde man Ihn mit seiner eigenen Schöpfung auf die gleiche Stufe setzen, welches letztendlich Schirk in Al-Asma was-Sifat ist. Die Liebe, welche Gottesdienst ist, ist die gänzliche Unterwerfung des eigenen Willens unter Gott. Daher ordnete Allah dem Propheten, Friede und Heil auf ihm, an, den Gläubigen folgendes zu sagen:
„Sprich: Wenn ihr Allah liebt, so folgt mir. Lieben wird euch Allah und euch eure Sünden vergeben.“ [Sura Al-i-'Imran:31]
Auch sagte der Prophet , Friede und Heil auf ihm, einst zu seinen Gefährten:
„Keiner von euch darf sich als gläubig ansehen, bis seine Liebe zu mir stärker ist als seine Liebe zu seinem Vater, seinem Sohn und zur ganzen Menschheit.“[17]
Die Liebe zum Propheten, Friede und Heil auf ihm, basiert nicht auf sein Menschsein, sondern auf dem göttlichen Ursprung seiner Botschaft. Genauso wie die Liebe zu Allah wird diese Liebe zum Propheten, Friede und Heil auf ihm, durch eine totale Gehorsamkeit gegenüber seinen Befehlen ausgedrückt. Allah sagt in der abschließenden Offenbarung:
„Wer dem Gesandten gehorcht, der hat Allah gehorcht;“ [Sura An-Nisa':80]
Auch sagte Er: „Sprich: Gehorcht Allah und dem Gesandten;“ [Sura Al-i 'Imran:32]
Wenn der Mensch erlaubt, dass die Liebe zu irgendetwas oder irgendjemand zwischen ihm und Allah tritt, so hat er diese Sache angebetet. Auf diese Weise kann Geld vergöttert werden, sogar die eigenen Triebe können dadurch vergöttert werden. Der Prophet, Friede und Heil auf ihm, sagte:
„Dem Diener des Dirham (Geldes) wird es immer miserabel gehen.“[18]
Allah sagte im Qur'an:
„Hast du den gesehen, der seine persönliche Neigung (Trieb, Leidenschaft) zu seinem Gott macht?“ [Sura Al-Furqan:43]
Mit viel Betonung wird das Übel, welches Schirk in Ibadah (Gottesdienst) mit sich bringt, erwähnt, da dies laut Allahs Äußerung im Qur'an dem eigentlichen Sinn der Schöpfung widerspricht:
„Und Ich habe die Dschinn und die Menschen nur darum erschaffen, damit sie Mir dienen (sollen).“ [Sura Ad-Dariyat:56]
Der große Schirk repräsentiert den größten Akt der Rebellion gegenüber dem Herrn des Universums und ist daher die größte Sünde. Das Ausmaß dieser Sünde ist so groß, dass sie praktisch alle guten Taten, die von einer Person gemacht werden, auslöscht und zugleich dem Übeltäter ewige Verdammung in der Hölle garantiert. Infolgedessen basiert eine falsche Religion primär auf dieser Form des Schirk. Alle menschengemachten Systeme laden auf die eine oder andere Weise ihre Anhänger zur Anbetung der Schöpfung ein. Die Christen werden dazu aufgerufen, zu einem Mann zu beten, welcher ein Prophet Gottes mit dem Namen Jesus, Allahs Heil auf ihm, ist, von dem sie behaupten, er sei die Inkarnation Gottes. Die Katholiken unter den Christen beten zu Maria, Allahs Heil auf ihr, als die „Mutter Gottes“, zu den Engeln wie Michael, welcher am 8. Mai und am 29. September als Sankt Michael[19] verehrt wird. Genauso verhält es sich auch mit den menschlichen Heiligen, ob echte oder erfundene.
Jene Muslime, deren gottesdienstliche Handlungen in diese Kategorie des Schirk einzuordnen sind, beten zum Propheten Muhammad, Friede und Heil auf ihm, oder zu Mystikern in der Sufi-Hierarchie der Heiligen. Sie glauben, dass diese ihre Gebete erhören und erfüllen können, obwohl Allah klare Worte im Qur'an gesprochen hat:
„Sprich: Was denkt ihr? Wenn die Strafe Allahs über euch kommt oder die Stunde euch ereilt, werdet ihr dann zu einem anderen rufen als zu Allah, wenn ihr wahrhaftig seid?“ [Sura Al-An'am:40]
Asch-Schirk Al-Asghar (Kleiner Schirk)
Mahmud ibn Lubayd überliefert, dass der Gesandte Allahs, Friede und Heil auf ihm, gesagt hat:
„Das, was ich für euch am meisten befürchte, ist Asch-Schirk al-Asghar (kleiner Schirk).“ Die Gefährten fragten: „O Gesandter Allahs, was ist kleiner Schirk?“ Er antwortete: „Ar-Riya (Prahlerei). Wahrlich, Allah wird am Tage der Wiederauferstehung, wenn die Leute ihre Belohnung erhalten, sagen: ‚Geh zu denjenigen, vor denen du in der materiellen Welt geprahlt hast und schau, ob du von ihnen deinen Lohn bekommst.'“[20]
Mahmud ibn Lubayd sagte auch: „Der Prophet (Friede und Heil auf ihm) kam heraus und verkündete: ‚O Leute, hütet euch vor dem heimlichen Schirk!' Die Leute fragten: ‚O Gesandter Allahs, was ist der heimliche Schirk?' Er antwortete: ‚Wenn ein Mann zum Gebet aufsteht und danach strebt sein Gebet zu verschönern, nur weil die Leute ihm dabei zusehen, so ist dies der heimliche Schirk.'“[21]
Ar-Riya
Riya ist das Verrichten jeder Art des Gottesdienstes, um dabei von den Leuten gesehen und gelobt zu werden. Diese Sünde vernichtet den ganzen Nutzen, der in den rechtschaffenen Taten zu finden ist und bringt dem Übeltäter eine ernste Strafe ein. Diese Handlung ist insbesondere deswegen gefährlich, weil der Mensch von Natur aus dazu neigt, sich Lob von seinen Gefährten zu wünschen und daran Freude zu finden. Daher genießt diese üble Tat, gottesdienstliche Handlungen zu leisten, um die Leute zu beeindrucken oder ihren Lob zu gewinnen, äußerste Vorsicht seitens der Menschen. Diese Gefahr ist für die Gläubigen wirklich bedeutsam, deren Ziel es ist, alle Handlungen ihres Lebens in religiöse Handlungen umzuwandeln, welche Gott allein gewidmet sind. Tatsache ist, dass die Wahrscheinlichkeit für einen wissenden und wahren Gläubigen, asch-Schirk al-Akbar zu begehen, gering ist, da die Falle so offensichtlich ist. Aber für den wahren Gläubigen ist die Möglichkeit, Riya zu begehen, wie für jedermann, groß, da sie sehr versteckt ist. Es benötigt nur eine einfache Änderung der Absicht. Die antreibenden Kräfte dahinter, sind ebenfalls sehr stark, weil es aus der inneren Natur des Menschen kommt. Ibn `Abbas deutete darauf hin, als er sagte:
„Schirk ist versteckter als eine schwarze Ameise, die auf einem schwarzen Stein in der Mitte einer mondlosen Nacht schleicht.“[22]
Deshalb muss man mit größter Sorgfalt darauf achten, dass die Absichten rein beginnen und rein bleiben, und zwar immer dann, wenn man gute Taten ausführt. Um dies sicherzustellen, ist es im Islam vorgeschrieben, vor allen wichtigen Handlungen den Namen Allahs auszusprechen. Eine Reihe von Du'as (Bittgebete) wurden ebenfalls vom Propheten, Friede und Heil auf ihm, vor und nach allen natürlichen Gewohnheiten wie Essen, Trinken, Schlafen, Geschlechtsverkehr, ja sogar beim Gang zur Toilette, vorgeschrieben, um diese tagtäglichen Handlungen in gottesdienstliche Handlungen umzuwandeln. Ebenfalls dient dies dazu, ein kräftiges Bewusstsein bezüglich Allah zu entwickeln. Es ist jenes Bewusstsein, genannt Taqwa (Gottesfurcht), welches auf äußerste Weise sicherstellt, dass die Absichten rein bleiben. Der Prophet, Friede und Heil auf ihm, versorgte uns ebenfalls mit Schutz gegen unvermeidliche Handlungen des Schirk, indem er uns gewisse Bittgebete beibrachte, welche man zu jeder Zeit aussprechen kann.
Abu Musa sagte: „Eines Tages hielt der Gesandte Allahs eine Predigt. Dabei sagte er: ‚O Leute, fürchtet Schirk, denn Schirk ist versteckter als eine schleichende Ameise.' Jenen, denen Allah es wünschte, fragten: ‚Und wie vermeiden wir es O Gesandter Allahs, wenn es versteckter ist als eine schleichende Ameise?' Er entgegnete: ‚Sag >Allahumma Inna na'udhu bika an nuschrika bika schay'an na'lamuh, wa nastaghfiruka lima la na'lamuh< (O Allah, wir suchen Zuflucht bei Dir vor dem absichtlich zu begehenden Schirk und wir bitten Dich um Vergebung für das, worüber wir nicht Bescheid wissen).'“[23]
In den folgenden Kapiteln wird ein tiefer Einblick in den bekanntesten Gebieten gegeben, in denen sich Schirk üblicherweise in allen drei Aspekten ereignet.
[1] The Hans Wehr Dictionary of Modern Written Arabic, S. 468.
[2] W.L. Reese, Dictionary of Philosophy and Religion, (New Jersey: Humanities Press, 1980), S. 66-67 und S. 586-587. Siehe auch John Hinnells, Dictionary of Religions (England: Penguin Books, 1984) S. 67-68.
[3] Dictionary of Religions, S. 337.
[4] Dictionary of Philosophy and Religion, S. 231.
[5] Zoroaster: Anhänger einer alten persischen Religion
[6] Dictionary of Religions, S. 361-362.
[7] Dictionary of Religions, S. 358.
[8] Ibid., S. 363.
[9] Wörtl. „Männer der verborgenen Welt“. Die Welt wird angeblich aufgrund der Fürbitte einer Hierarchie von „abwendenden“ Heiligen erhalten, deren Anzahl festgesetzt ist. Nach dem Tod einer dieser Heiligen, wird sein Platz sofort mit einem anderen besetzt. (Shorter Encyclopedia of Islam, S. 582).
[10] Shorter Encyclopedia of Islam, S. 55.
[11] Dictionary of Philosophy and Religion, S. 72.
[12] Dictionary of Philosophy and Religion, S. 327.
[13] Ibid., S. 391.
[14] Dictionary of Philosophy and Religion, S. 508-509.
[15] Anm. des Übersetzers: Man sollte hier nicht auffassen, dass der Autor sich gegen die mathematische Beziehung von Energie und Masse wendet. Vielmehr deutet er darauf hin, dass dieser Teil der Theorie einen erheblichen Mangel aufweist. Ein Mangel, bei der Masse und Energie als ewig angenommen werden. Zugleich wird ihre falsche Unabhängigkeit vom Schöpfer kritisiert.
[16] Zitiert in Francis Hitchings, The Neck of the Giraffe, (New York: Ticknor and Fields, 1982), S. 254 aus Tax and Callender, 1960, Band111, S. 45.
[17] Überliefert von Anas und gesammelt von Al-Bukhari (Sahih Bukhari (Englisch- Arabisch), Band 1, S. 20, Nr.13) und Muslim (Sahih Muslim (Englische Übers.), Band 1, S. 31, Nr.71).
[18] Überliefert von Al-Bukhari (Sahih Bukhari, (English-Arabisch), Band 8, S. 296, Nr. 443).
[19] William Halsey (ed.), Colliers Encyclopedia, (ﷻ.S.A: Crowell-Collier Educational Foundation; 1970, Band16, S. 110.
[20] Überliefert von Ahmad, at-Tabarani und al-Bayhaqi in az-Zuhd. Siehe Taysir al-'Aziz al-Hamid, S. 118.
[21] Gesammelt von Ibn Khuzaymah.
[22] Überliefert von Ibn Abu Hatim und zitiert in Taysir al-'Aziz al-Hamid, S. 587.
[23] Gesammelt von Ahmad und at-Tabarani.